Sie brauchen eine Vision

Sie brauchen eine Vision!

(erschienen 1999 in Multimind)

Ein sonniger Nachmittag vor etwa 150.000 Jahren. Sie treten auf eine Lichtung und erblicken vor sich: 1. leuchtend-rote Erdbeeren (schmackhaft) und 2. einen Säbelzahntiger (hungrig). Welchem Ereignis schenken Sie zuerst Ihre Aufmerksamkeit…? –

Die Entscheidung zugunsten der Erdbeeren konnte sich im Laufe der Evolution leider nicht durchsetzen. Wir wählen immer das unangenehme Thema.

Vielleicht kennen Sie den Begriff der ›offensiven und defensiven Aufgaben‹. Defensive Aufgaben sind diejenigen, mit denen Sie einen Zustand erhalten oder wiederherstellen. Wenn Sie's tun haben Sie, was Sie vorher schon hatten, wenn Sie's nicht tun haben Sie Nachteile. Beispiel: Putzen. Auch wenn Sie Ihre Wohnung jeden Tag putzen, wird sie nie sauberer als sauber. Aber kaum putzen Sie mal ein paar Monate nicht, sieht's gleich aus wie Sau… Defensive Aufgaben sind meistens dringend und nicht wichtig.

Offensive Aufgaben sind genau andersherum: Wenn Sie's täten, hätten Sie viel davon, wenn Sie's nicht tun, haben Sie keine Nachteile. Beispiel: Japanisch lernen. Es wäre toll, wenn Sie's könnten, Sie hätten Vorteile und viel Vergnügen. Aber wenn nicht – Sie konnten es ja bisher auch nicht. Und es eilt nicht, es hat Zeit. Offensive Aufgaben sind wichtig und nicht dringend.

Ziele, Lebensziele vor allem, sind offensive Aufgaben: Sie müssen nicht reich, schön und berühmt sein, es ist nicht notwendig. Bisher ging's doch auch so!

Kurz gesagt: Putzen schlägt Lebensziel. Die meisten Menschen kommen nicht dazu, Ihre Ziele zu verwirklichen, weil Sie die Wohnung putzen müssen (Sie brauchen eine Putzfrau: Defensive Aufgaben sollte man delegieren.).

Anthony Robbins empfiehlt (vergl. ›Das Robbins Power Prinzip‹, Seite 18ff; Bodo Schäfer ›Der Weg zur finanziellen Freiheit‹, Seite 25), sich in mindestens fünf Bereichen Ziele zu setzen:

  • Gesundheit
  • finanzielle Freiheit
  • Beziehung(en)
  • Lernen, persönliche Entwicklung, emotionale Freiheit
  • Spiritualität, Sinn des Lebens.

In jungen Jahren sind Ihnen diese Bereiche wahrscheinlich ziemlich egal: Gesund sind Sie sowieso, Ihre finanzielle Freiheit liegt bei 300 Mark, Ihre Beziehung ist im Aufbau, im Lernen sind Sie mittendrin und der Sinn des Lebens ist Ihnen wurst! Und Sie packen Ihr Leben an, bauen auf, erschaffen, formen… – Und Jahrzehnte später fragt Sie Ihr Enkel, was Sie sich zum Geburtstag wünschen, und Sie hören sich sagen: ›Ach, weißt Du, mein größter Wunsch ist, daß ich gesund bleibe, daß das Geld später noch reicht, daß Opa/Oma nicht zu früh stirbt, daß ich geistig nicht zu schnell abbaue und daß es am Ende nicht ganz sinnlos war…‹ – Herzlichen Glückwunsch, Sie haben 100 % defensive Ziele! Und dahinter steht ANGST als Motivator. Diese Motivation ist zwar sehr effektiv, macht aber keinen Spaß.

Es ist schrecklich, wenn Sie schon viel erreicht haben. Denn dann haben Sie viele wertvolle Dinge in Ihrem Leben, die es lohnt zu erhalten und zu bewahren. Sie werden doch wegen einer verwegenen Idee nicht Ihre Gesundheit gefährden, Ihre Beziehung auf's Spiel setzen, Ihr Vermögen riskieren… (Obwohl Sie insgeheim diese Spinner bewundern, die mit vollem Einsatz leben.)

Krankheit, Armut, Einsamkeit, Dummheit und Sinnlosigkeit sollten die fünf Robbins-Bereiche heißen! Sie werden sich in Ihrem Leben mit jedem dieser Bereiche beschäftigen. Und es ist Ihre Entscheidung, ob Sie's als Problem anpacken oder als Ziel…

Ein amerikanischer Komiker antwortete auf die Frage ›Lieben sie ihre Frau?‹ mit ›verglichen womit…?‹ – Ob Sie etwas schön oder häßlich, dumm oder genial finden, entscheiden Sie mit Hilfe innerer Vergleiche. Und die Vergleichsmaßstäbe sind meistens unbewußt: ›Ist das ein Problem…?‹ ›Sind Sie glücklich…?‹

Wenn Sie auf der oben erwähnten Lichtung den Tiger und die Erdbeeren finden, dann sind diese ›Attraktionen‹ nicht gleichwertig. Wenn Sie statt des Tigers frischen Dinosaurierdung fänden (neben den Erdbeeren!), würde Ihnen der Dung bestimmt den Appetit verderben. Fänden Sie allerdings – statt der Erdbeeren – einen Batzen Gold, wäre Ihnen der Dinodung egal.

Gemessen am Gold Ihrer persönlichen Vision sind fast alle Probleme und Schwierigkeiten trivial (Die meisten Tiger heutzutage sind gar keine, die tun nur so…!)!

Sie brauchen eine persönliche Vision als Maßstab für Ihre Entscheidungen und als Treibstoff für Ihre offensive Hin-Zu-Motivation!

Persönliche Visionen erwürfelt man nicht mit einem Kumpel beim Bier. Sie können auch nicht einfach ein Ziel zur Vision ›ernennen‹, denn Ziele entstehen aus Problemen oder Mängeln, aus ändernswerten oder unerwünschten Zuständen: Wenn einer bis zum Hals im Schlamassel steckt, welches Ziel sollte der schon haben, außer, aus dem Schlamassel rauszukommen? Wenn Ihnen jemand als sein Ziel nennt, in einer trockenen Wohnung zu wohnen, dann hören Sie, der wohnt feucht! Und wenn einer als Ziel eine harmonische Beziehung hat, dann hören Sie, der hat entweder keine oder eine unharmonische. Sie können keine Vision aus Ihren Problemen entwickeln. Zumindest nicht direkt…

Entwickeln Sie Ihre Vision aus Ihren Zielen. Sehen Sie sich Ihre Ziele an und finden Sie heraus, was das Ziel hinter allen Zielen ist, was möglich wird, wenn Sie diese Ziele erreicht haben, welche Ressourcen Ihnen dann zur Verfügung stehen… Und wenn Sie erkennen, was Sie mit diesen Ressourcen anfangen wollen, dann nennen Sie das den Beginn Ihrer VISION.

Erinnern Sie sich, wie es ist, verliebt zu sein. – Verlieben ist eine offensive Aufgabe: Sie müssen sich nicht verlieben, es ist nicht notwendig und wenn der geliebte Mensch nicht da ist, ist doch eigentlich alles wie vorher, oder…? In Wahrheit würzen Sie die offensive Aufgabe des sich verliebens mit einer guten Portion defensiver Motivation und seufzen ins Telefon ›Ich muß dich jetzt sofort sehen, sonst sterbe ich…‹ Und Sie sagen kein Rendezvous ab, nur weil Sie putzen müssen!

Haben Sie eine Lebensvision, in die Sie genau so verliebt sind? Für die Sie alles stehen- und liegenlassen? Für die Sie durch's Feuer gehen? Wo Sie Herzklopfen bekommen, wenn Sie nur daran denken?… – Sie brauchen eine Vision!

Es gibt Menschen die bereit sind, für Ihre Ideale zu sterben. Sind Sie bereit, für Ihre Vision zu leben?

So ›funktioniert‹ persönliche Veränderung: Sie müssen es wollen, wissen wie es geht und sich die Chance geben (vergl. Robert Dilts ›Identität, Glaubenssysteme und Gesundheit‹, Seite 25 ). Also: Wenn Sie jetzt wissen, warum Sie eine persönliche Vision erschaffen, leben und mit den Visionen anderer Menschen verknüpfen wollen, dann fangen Sie sofort damit an (Oder nehmen Sie sich einen Coach, der weiß wie das geht. Es ist oft zu umständlich, wenn Sie alles ganz alleine herausfinden müssen.)! Und geben Sie sich die Chance, schenken Sie sich die nötige Zeit (z.B. einen Monat für jedes Lebensjahr.), Aufmerksamkeit und Energie.

Sie brauchen eine Vision! Beginnen Sie… – Jetzt!

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